Die Europäische Union und das Solarium

Europäische Union und Solarium

Inhalt

 „Go for the glow or ban the tan?”      Bräunen – oder verbannen?

Sinngemäß übersetzt: Sollen wir die Bräune anstreben oder besser verbannen?

Das Thema biologische Effekte der künstlichen UV-Strahlung des Solariums beschäftigt die EU schon eine ganze Weile.

  • Im Jahr 2006 stellte ein EU-Bericht (Scientific Committee on Consumer Products) fest, dass die UV-Strahlung der Sonnenbank wahrscheinlich das Risiko des Hautmelanoms und auch des Melanoms im Auge erhöht. Minderjährigen wurde geraten, die Sonnenbank zu meiden.
  • 2009 ordnete die IARC (International Agency for Research on Cancer) UV-ausstrahlende Bräunungsgeräte als krebserregend ein.

Da es mittlerweile neue Erkenntnisse gibt, bat die Europäische Kommission die SCHEER (The European Commission’s Scientific Committee on Health, Environmental and Emerging Risks) um eine aktuelle Einschätzung zum Thema. SCHEER sammelte und prüfte erneut alle eingehenden Information, Kommentare und Referenzen und ergänzte sie unter Umständen durch Erklärungen.

Anfang des Jahres 2016 veröffentlichte die EU und ihr Komitee SCENIHR (Scientific Committee on Emerging and Newly Identified Health Risks) die vorläufige Arbeit der SCHEER.  Im April gab es in Luxemburg  eine öffentlichen Anhörung an der 35 Organisationen bzw. Einzelpersonen teilnahmen und diese vorläufige Einschätzung weiter kommentierten.

Im November 2016 ist die Europäische Union (SCHEER) nun zu folgender (endgültigen) Einschätzung von Solarien gekommen:

  • Haben sich die Sonnenbänke im Laufe der Jahre bewährt? Kommerzielle genutzte Sonnenbänke gibt es seit den siebziger Jahren. Das Wissen über die Zusammenhänge zwischen Hautkrebs und UV-Strahlung hat in den letzten Jahren zugenommen. Aber die Zuordnung der schädigenden Effekte ist mitunter schwierig, da sich diese erst nach Jahren einstellen.
  • Was sagt die neue Evidenz aus? Mittlerweile gibt es ausreichend viele Langzeitdaten die belegen, dass die künstliche UV-Strahlung an einer beträchtlichen Anzahl von Melanomen und weißen Hautkrebsarten ursächlich beteiligt ist. Dies gilt besonders für Melanome, die vor dem 3. Lebensjahrzehnt auftreten. Man vermutet, dass in Europa von den jährlich 63942 neuen Melanom Diagnosen 3500 in Verbindung mit der Nutzung einer Sonnenbank stehen. Frauen sind zu 68 % davon betroffen.
  • Ist die Sonnenbank für viele Hautkrebsfälle verantwortlich? In Europa sterben jedes Jahr ca. 500 Frauen und 300 Männer an einem Melanom, verursacht durch die Nutzung eines Solariums. In der allgemeinen Bevölkerung nimmt das Risiko an einem Melanom zu erkranken um 15 % zu, wenn ein Solarium genutzt wird. Das höchste Risiko (75 %) trägt der Anteil der Bevölkerung, der mit der Sonnenbanknutzung in jungen Jahren (unter 35 Jahren) beginnt. Das Risiko steigt proportional zur Anzahl der Sonnenbankbesuche.
  • Sind alle Hauttypen von dem Risiko gleichermaßen betroffen oder nur die hellhäutigen empfindlichen Menschen? Die Nutzung der Sonnenbank wird niemanden empfohlen. Ganz besonders abgeraten wird blonden Personen, oder Personen mit vielen Sommersprossen, vielen oder untypischen Leberflecken oder mit Melanomen in der Familiengeschichte.
  • Hilft die Sonnenbank bei der Vitamin D Produktion? Ja, aber es ist nicht notwendig die Sonnenbank zu diesem Zwecke einzusetzen. Auch nicht im Winter. Eine 15-minütige Exposition von Gesicht und Händen an der frischen Luft, auch an einem wolkigen Tag, in Kombination mit einer ausgewogenen Diät reicht aus, um genügend Vitamin D herzustellen. Ist ein Vitamin D Mangel nachgewiesen, kann man auf Vitamin D haltige Nahrungsergänzungsmittel zurückgreifen.
  • Ist die Bräunung der Haut durch eine Sonnenbank nicht besser, als einen Sonnenbrand zu riskieren? Es ist absolut notwendig einen Sonnenbrand zu vermeiden, da er das Hautkrebsrisiko steigert. Es gibt keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass Bräune Sicherheit bedeutet. Eine Überdosis an UV-Strahlung kann man sowohl im Solarium als auch unter der natürlichen Sonne bekommen. Beide UV-Quellen können Hautkrebs auslösen und die Hautalterung beschleunigen. Sich an der frischen Luft aufzuhalten ist vorteilhaft. Dennoch wird geraten, die Spitzensonnenstunden zu meiden und, wenn dass nicht möglich ist, Sonnencreme, passende Kleidung und Sonnenbrille zu verwenden. Auch der gelegentliche Genuss der Sonne kann das Hautkrebsrisiko erhöhen, insbesondere wenn dies im Alter von unter 30 Jahren geschieht.

Was sind die Schlussfolgerungen dieser Einschätzung?

UV-Strahlung ist ein komplettes Karzinogen, d. h. sie kann Krebs sowohl auslösen als auch weiter vorantreiben. Dies gilt gleichermaßen für die natürliche Strahlung der Sonne, als auch für die Strahlung der Sonnenbank.

[stextbox id=“alert“ caption=“Welchen Rat gibt SCHEER den Sonnenbanknutzern?“ bgcolor=“FFA54F“ bgcolorto=“FF7F00″]

  • Es gibt starke Hinweise, dass die UV-Strahlung (der Sonnenbank) mehrere Arten von Hautkrebs (Hautmelanom, Basaliom, Spinaliom) und möglicherweise auch das Melanom im Auge verursacht.
  • Es gibt keinen Grenzwert unter dem die Bestrahlung in der Sonnenbank als sicher angesehen werden kann.
  • Benutzer sollten sich der Risiken bewusst sein, wenn sie Sonnenbänke aus kosmetischen Gründen benutzen. Wenn Sie die Sonnenbank, trotz der bekannten Risiken nutzen wollen, sind Schutzmaßnahmen angeraten.
  • Allen die ihre Gesundheit ernst nehmen, wird geraten die Sonnenbank zu meiden. Besonders wenn sie unter 30 sind, blond sind, viele Sommersprossen haben oder eine Familiengeschichte mit Melanom.

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Was folgert die EU daraus?

Die EU möchte bei den Mitgliedstaaten darauf einwirken, dass den Sonnenbanknutzern die Risiken bewusst gemacht werden, damit sie eine verantwortliche Entscheidung treffen können.

Deutschland hat diesen Gedanken bereits aufgenommen und 2012 die UV-Schutzverordnung erlassen. Sie setzt den Vorsorgegedanken zum Schutz der Sonnenbanknutzer um. Jedem Nutzer einer Sonnenbank soll ein Beratungsgespräch mit einer ausgebildeten Fachkraft angeboten werden. Hier wird jeder Sonnenstudiokunde über Gefahren und Risiken der UV-Strahlung aufgeklärt und über entsprechende Schutzmaßnahmen informiert. Der informierte Kunde kann nun eigenverantwortlich entscheiden, wie er handeln möchte.

Zwei Meinungen zum SCHEER Bericht veröffentlicht auf EurActiv

Wer ist EurActiv? EurActiv beschreibt sich selbst als: „EurActiv is the leading online media dedicated to EU policies, providing free in-depth information to the Community of EU Actors.“

1) Véronique del Marmol, Professor für Dermatologie an Brüssels Freier Universität und Mitglied der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV)  https://eadv.org/ sagt:

  • Dass die SCHEER Einschätzung die langjährige Position der Akademie unterstützt, dass Sonnenbänke gefährlich sind und Hautkrebs verursachen können.
  • Dass es an der Zeit sei, dass die EU die Gesundheit und Sicherheit der Konsumenten ernst nimmt. Wir freuen uns auf gesetzliche Regelungen zur Umsetzung.
  • Dass es an der Zeit sei, dass die Bräunungsindustrie zugibt, dass Sonnenbänke Krebs verursachen können und Schutzmaßnahmen für die Kunden ergriffen werden.

Die EADV sieht ihre Aufgaben unter anderem in: Der Förderung der Exzellenz in der klinischen Betreuung, Forschung und Ausbildung auf dem Gebiet der Dermatologie und Vernerologie. Sie sieht sich auch als Anwalt und Berater der Patienten.

2) Frank Harbusch, Generalsekretär der European Sunlight Association erklärt:

  • Die Einschätzung der SCHEER sei voreingenommen.
  • Immerhin erwähnt der neue SCHEER Bericht, dass auch die natürliche Sonne Hautschäden verursachen kann.
  • Die Aussage, dass man keinen sicheren Schwellenwert definieren kann, unter dem  Hautkrebs vermieden werden kann, begründet sich darauf, dass dies für keine UV-Quelle definieren kann, egal ob künstlich oder natürlich.
  • Dasselbe Prinzip könne man auch für Trinkwasser anwenden: Es gibt starke Hinweise, dass Trinkwasser, im Übermaß genossen, die Menschen krank macht. Da wir keinen genauen Schwellenwert definieren können, ab dem die Trinkwassermenge gesundheitsschädigend wird, gibt es keinen sicheren Trinkwasserkonsum.

Die European Sunlight Association (ESA) bezeichnet sich selbst als die Stimme der europäischen  Solariumsindustrie. Sie vertritt ca. 20 000 Sonnenstudios wo ca. 120 000 Sonnenbänke betrieben werden und ca. 100 000 Leute arbeiten, inklusive einiger Hersteller von Sonnenbänken. Sie liefert europäischen Politikern ausgewogene Informationen über Vorteile und Risiken der UV-Strahlung (Auszüge aus der „About“ Seite der Website der ESA).

 

 

Dr. Andrea Zgaga-Griesz
azg

Hallo, ich bin promovierte Diplom-Biologin mit langjähriger Berufserfahrung im Bereich der Lebenswissenschaften, Sachbuchautorin und Bloggerin.

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3 Kommentare

  1. Wieviel Geld erhalten Sie für diese sehr oberflächliche, mit Meta-Analyse-Ergebnissen gespickte Berichterstattung? Sind Sie mit Prof. Dr. Breitbart befreundet? Warum leben dann noch Menschen und auch Tiere unter der bösen UV-Licht produzierenden Sonne? Wollen Sie es einmal versuchen, und ein halbes Jahr in einem lichtlosen Raum verbringen? Beste Grüße – Josef Wimmer

    • Hallo Hr. Wimmer,
      UV-Strahlung ist keineswegs „böse“. Sie ist lediglich eine physikalische Kraft, die mit biologischen Gewebe wechselwirkt. Es gibt positive und negative Wechselwirkungen. Darüber schreibe ich auf meinem Blog. Als Biologin ist mir durchaus bewusst, dass die Sonne die Grundlage allen Lebens ist. Nur leider gilt für den Genuss der Sonne/Solarium dasselbe wie in allen anderen Bereichen im Leben auch: Wo Licht ist, ist auch Schatten. Mein Anliegen ist, Gefahren aufzuzeigen und Möglichkeiten zu schildern, um Risiken zu minimieren. Ausgestattet mit diesem Wissen, ist jeder unter der Sonne frei, eigenverantwortlich entscheiden.

  2. Meine Schwester würde an sich gerne ins Solarium gehen. Ich wusste allerdings gar nicht, dass sich auch die EU mit diesem Thema beschäftigt. Ich hoffe, dass meine Schwester die Risiken bewusst sind.

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