Solarien gelten als schädlich. Deshalb fordert die Deutsche Krebshilfe ein Verbot von Solarien.
Sie hält es für erwiesen, dass bereits die einmalige Nutzung eines Solariums das Risiko für ein Melanom erhöht. Sie fordert deshalb im Januar 2020 eine Schließung aller Sonnenstudios.
Inhalt
Die Deutsche Krebshilfe argumentiert
- Eine Metaanalyse (Boniol et al, 2012) zeigt einen statistischen Zusammenhang zwischen der Solariumnutzung und der Melanomentstehung. Die Studie berechnet aus den Daten mehrerer europäischer Studien (1981 –2012) dass das Melanomrisiko um 20 % steigt, hat man jemals (im Vergleich zu niemals) ein Sonnenstudio besucht. Dieses Risiko verdoppelt sich, besuchte man es in jungen Jahren (<35 Jahre). Die Autoren schätzen, dass in dem analysierten Zeitraum (1981-2012) jährlich ca. 3500 Melanomfälle bzw. ca. 800 Tote durch einen Besuch im Solarium hervorgerufen werden.
- Das gesetzlich vorgeschriebene Verbot der Solariennutzung für Minderjährige greift nicht. Die NCAM Studie zeigt, dass immer noch ca. 10 % aller Sonnenbanknutzer minderjährig sind, obwohl das Nutzungsverbot seit 2009 besteht.
- Die Gefahren, die von der UV-Strahlung ausgeht, sind in der Bevölkerung weitgehend unbekannt.
Muss man deshalb das Solarium verbieten? Meine Überlegungen dazu.
- UV-Strahlung ist gesundheitsschädlich, sowohl natürliche, also auch künstliche. Jede Exposition kann einen nicht wiedergutzumachenden Schaden anrichten. Künstliche UV-Strahlung kann man vermeiden, natürliche kaum. Allerdings ist UV-Strahlung auch notwendig um Vitamin D in der Haut zu synthetisieren.
- Die Gefahren und Risiken der UV-Strahlung sind in der Bevölkerung nur nebulös bekannt und werden häufig unterschätzt.
- Bräune ist nicht gesund, sondern eine Schutzreaktion auf eine Überdosis an UV.
- Das Solarium ist kein Ort der Gesundheitsförderung, sondern ein Ort der kosmetischen Verschönerung gemäß unserem aktuellen Schönheitsideal. Dieses kann man in Frage stellen.
- Die von der Deutschen Krebshilfe zitierte Metastudie liefert interessante und bedenkenswerte Hinweise über Zusammenhänge zwischen Solarium und Melanom. Hinweise sind aber keine Beweise für einen kausalen Zusammenhang. Es gibt auch Wissenschaftler wie z. B. Reichrath et al, 2020 die nachdrücklich darlegen, dass bis heute nicht alle Kriterien der evidenz basierten Medizin erfüllt sind, um einen kausalen Zusammenhang zu belegen (siehe Ausführungen weiter unten).
- Seit 2009 ist es Jugendlichen gesetzlich untersagt Solarien zu benutzen.
- Seit 2012 regelt die UV-Schutzverordnung (UVSV) die Nutzung und die technische Ausstattung von Solarien. Der Zugang zu einer Sonnenbank muss so reguliert sein, dass jedem Kunden ein Beratungsgespräch angeboten wird. Hier erhält er Infos über Gefahren und Risiken und einen auf den Hauttyp abgestimmten Dosierungsplan. Die Bestrahlungsstärke der Sonnenbank ist limitiert. Selbstbedienungssonnenstudios oder einsam herumstehende Sonnenbänke in Schwimmbädern oder Fitnessstudios ohne Zugangskontrolle sind verboten. Leider ist die UVSV immer noch nicht überall umgesetzt. Deshalb gibt immer noch minderjährige und unaufgeklärte Nutzer.
- Auch wenn man Solarien verbietet, die Sonne wird weiter scheinen (zum Glück) und weiterhin den Löwenanteil an UV-Belastung ausmachen. Wir müssen und möchten uns weiter unter der Sonne aufhalten. Hier müssen wir mehr Ursachenforschung betreiben. Ich bezweifle, dass wir die Melanom Inzidenz durch ein Solarienverbot merklich beeinflussen können. Natürlich, jeder Fall ist einer zu viel. Aber es bleibt ja schließlich jedem selbst überlassen, sich auf eine Sonnenbank zu legen oder sie zu meiden.
- Da wir keinen kausalen Zusammenhang nachweisen können sind, meiner Meinung nach, unsere Argumente zu schwach, um so massive Maßnahmen wie ein Verbot zu rechtfertigen. Immerhin bestreiten einige Menschen damit ihren Lebensunterhalt.
- In unserer vielgestaltigen Gesellschaft gehen wir viele, ebenfalls vollkommen unnötige Risiken ein, wie z. B. Rauchen, Motorradfahren, Skifahren und auch das Sonnen am Strand. Was für die einen ein besonderer Genuss, ist für die anderen ein völlig unnötiges Risiko. Sollen wir das alles verbieten? Dürfen wir als informierte erwachsene Menschen nicht selbst entscheiden?
Was ich sinnvoller fände:
- Informationen in Kindergärten, Schule und Betrieben über die Gefahren und die Möglichkeiten des Sonnenschutzes nach dem Motto: Meiden, Kleiden, Cremen.
- Informationen über die aktuelle UV-Belastung in Freibädern, Parks, am Skilift oder am Strand. Wie das geht, kann man sich z. B. in Australien anschauen. Die Lifeguards am Strand informieren nicht nur über die Wassertemperatur, den Tidenhub, mögliche gefährliche Tiere, sondern auch über den maximalen UV-Index.
- Konsequente Umsetzung der UVSV. Verantwortlich geführte Sonnenstudios sind dann ein Ort der Information zum Thema UV-Schutz.
- Information und Aufklärung sind unbedingt zu fordern und fördern! Aber bitte keine Verbote!
Nähere Ausführung zur Aussagekraft von Studien
Im folgenden Abschnitt gebe ich einen Einblick in die Diskussion in der Wissenschaftsgemeinde und in die allgemeinen Schwierigkeiten der Interpretation von Daten. Ich beziehe mich dabei exemplarisch auf die Publikation von Reichrath et al 2020: „Sunbeds and Melanoma Risk: Many Open Questions, Not Yet Time to Close the Debate.“
Was sagen die zahlreichen Studien? Belegen die Daten einen kausalen Zusammenhang? Das ist eine heiß debattierte Frage. Es gibt 2 Parteien:
- Die einen z.B. Suppa i Gandini oder Boniol et al 2012 lesen aus den Studiendaten einen eindeutigen Zusammenhang. Sie behaupten: Auch eine moderate Solariumnutzung steigert das Risiko der Melanomentstehung.
- Die anderen (wie der hier referierte Artikel von Reichrath et al 2020) weisen darauf hin, dass die Daten vieler Studien zwar auf eine mögliche Verbindung hinweisen, diese aber keine ausreichenden Belege für einen kausalen Zusammenhang liefern.
Was ist der Unterschied zwischen einer möglichen Verbindung (Korrelation) und einem kausalen Zusammenhang? Warum ist das interessant für uns?
Nun für uns, seien wir nun Sonnenstudio-Nutzer, -Gegner oder-Betreiber, Hautärzte, Krankenkassen oder Gesetzgeber, macht es durchaus einen Unterschied, ob es als erwiesen gilt, dass die Nutzung der Sonnenbank das Melanomrisiko erhöht oder ob dies noch unklar ist. Ist ein kausaler Ursache-Wirkungszusammenhang bewiesen, ist es ratsam, das Verhalten entsprechend anzupassen. Gibt es nur einen möglichen Zusammenhang heißt dies: Weiterhin Vorsicht walten lassen und weiterhin nach den auslösenden Faktoren suchen.
Wie ist aktuelle Datenlage?
Im Laufe der Jahre wurden zahlreiche Studien publiziert, aus aller Herren Länder, mit unterschiedlichen Studiendesigns und unterschiedlicher Qualität.
Alle bisher gemachten Studien zu diesem Thema sind Beobachtungsstudien. Man vergleicht Gruppen von Studienteilnehmern z. B. Solariennutzer mit Nicht-Nutzern oder Melanompatienten mit Gesunden. Bei dieser Studienart wird in das Leben der Studienteilnehmer nicht eingegriffen. Sie werden lediglich in ihrer Lebensführung beobachtet bzw. befragt.
Dieses Studiendesign hat allerdings einige Nachteile:
- Messungenauigkeiten. Wer kann sich z. B. schon exakt erinnern, wie häufig der Solarienbesuch in der Vergangenheit war? Geschweige denn, wie lange die Bestrahlungszeiten oder die technische Ausstattung der Sonnenbank gewesen sind.
- Auch verschiedene systematischen Fehler können sich einschleichen. Systematische Fehler sind solche, die sich nicht durch eine entsprechend große Teilnehmerzahl ausgleichen lassen z. B.:
- Stichprobeverzerrung: Vergleicht man Gruppen von Studienteilnehmern ist es nicht trivial eine gleichmäßige Verteilung der unterschiedlichen Merkmale der Teilnehmer zu gewährleisten. Idealerweise sind die Eigenschaften der Teilnehmer, die ja Stichproben darstellen, auch für die Gesamtheit (z. B. die deutsche Bevölkerung) repräsentativ. So muss z. B. darauf geachtet werden, dass sowohl in den zu vergleichenden Gruppen als auch zur Gesamtheit, für die man eine Aussage treffen will z. B. dasselbe Geschlechterverhältnis herrscht, dieselbe Altersverteilung, dieselbe Hauttypverteilung, dieselbe Verteilung der Lebensstandards und Ernährungsgewohnheiten usw.
- Erinnerungsverzerrung: Bei der Befragung der Studienteilnehmer kommt es zu Verzerrungen, weil z. B. Melanompatienten u. U. ihre Sonnenstudiobesuche anders gewichten, als Gesunde, da sie nach einer Erklärung für ihre Krankheit suchen.
- Publikationsverzerrung: Studien, die auf eine Verbindung zwischen 2 Variablen hinweisen werden eher publiziert als andere. Es ist eben interessanter zu berichten, man habe eine Wirkung von A auf B gefunden, als man hat nix gefunden.
- Störfaktoren: Ein unbekannter Störfaktor C steht in einem kausalen Zusammenhang sowohl zur Variablen A als auch zur Variablen B. Dies gaukelt einen kausalen Zusammenhang zwischen A und B vor.
- Beispiel: Misst man Schuhgröße (A) und Gehalt (B) in der Bevölkerung, findet man eine eindeutige Korrelation zwischen A und B: Menschen mit großen Füßen haben statistisch mehr Gehalt. Schaut aus wie ein kausaler Zusammenhang. Überprüft man dies allerdings experimentell, indem man einigen Teilnehmer mehr Gehalt zahlt, stellt man fest, dass die Füße trotzdem nicht größer werden. Der nicht berücksichtigte Störfaktor ist hier das Geschlecht (C). Männer haben im Allgemeinen größer Füße und beziehen häufig ein größeres Gehalt als Frauen. Es gibt also einen kausalen Zusammenhang zwischen A+C und B+C, aber nicht zwischen A+B.
Beobachtungstudien sind für all diese Störfaktoren besonders anfällig. So kann man Korrelationen finden – ohne kausalen Zusammenhang. Deshalb sollte man Beobachtungsstudien als interessante Hinweisgeber sehen, die auf mögliche Zusammenhänge hindeuten können. Sie allein liefern aber keinen Beweis für einen kausalen Ursache-Wirkungszusammenhang.
Harte Beweise können Interventionsstudien erbringen. Sie haben in der Hierarchie der Evidenz die höchste Aussagekraft. Bei diesem Studiendesign setzt man eine Personengruppe einer bestimmten Behandlung (Intervention) aus, z. B. der UV-Bestrahlung im Solarium. Eine Kontrollgruppe bleibt unbestrahlt. Auch bei diesem Studiendesign ist die korrekte Auswahl der Stichproben von größter Bedeutung. Hat man die gut gewählt und wenn weder die Studiendurchführenden noch die Teilnehmer wissen, wer behandeltet wurde (Doppelverblindung) sind Aussagen über kausale Zusammenhänge möglich.
Interventionsstudien zur Frage Melanom und Solariumnutzung wurden aber bisher noch nicht durchgeführt. Warum nicht? A) Sie würden sich über Jahre erstrecken und wären deshalb schwierig durchzuführen und teuer. B) Bei unserer Fragestellung wäre es unverantwortlich/unethisch, eine Personengruppe mit dem gesundheitsschädlichen Agens UV-Strahlen zu behandeln, in Erwartung damit einige Fälle von Krebs zu erzeugen.
Wie behilft man sich?
1) Man kann die Daten einzelnen Beobachtungstudien in Metaanalysen zusammenfassen und sie erneut auswerten. Dies hat den Vorteil, dass die große Zahl der Teilnehmer präzisere Aussagen ermöglicht. Verzerrungen oder Fehler der Einzelstudien gleichen sich u. U. aus. Nichtsdestotrotz hängt die Qualität einer Metaanalyse sehr von der Qualität der erhobenen Einzeldaten ab. Mitunter ist es schwierig im Nachhinein alle Aspekte der Datengewinnung nachzuvollziehen.
Beispiel: Eine weltweite Metaanalyse fasst die Daten von Studienteilnehmern aus Nordamerika, Ozeanien (Australien & Neuseeland) und Europa zusammen. Sie vergleicht die Melanomraten von Studienteilnehmern, die jemals bzw. niemals ein Solarium benutzten. Die statistische Berechnung der Odds Ratio ergab:
OR=1.19, 95% Konfidenz Interval (CI)=1.04-1.35, p=0.009
Übersetzt heißt dies: Ein moderater Solariumsbesuch steigert das Risiko an einem Melanom zu erkranken um 19 %.
Einschub: Wie liest man diese Angaben?
Odds Ratio: Die Odds Ratio (OR) ist ein Wahrscheinlichkeits-Verhältnis: Die Wahrscheinlichkeit zu Erkranken dividiert durch die Wahrscheinlichkeit nicht zu erkranken. Ist dieser Bruch = 1 bedeutet dies, die Wahrscheinlichkeit zu Erkranken bzw. Nicht zu Erkranken gleich groß. Je größer die Zahl, desto größer die Wahrscheinlichkeit zu erkranken.
Konfidenzintervall: Das Konfidenzintervall (CI) 95% besagt, dass der unbekannte Wert mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % zwischen bestimmten Grenzen liegt, in diesem Fall zwischen 1,04 und 1,35.
P-Wert: Der P-Wert ist eine Angabe zur statistischen Evidenz. Ist der Wert kleiner als 0,05 gilt es als wahrscheinlich, dass die in den Stichproben ermitteltet Odds ratio nicht nur zufällig diesen Wert angenommen hat und auf die Grundgesamtheit übertragbar ist.
Die obige Odds ratio sieht, gemäß der statistischen Leitplanken (IC und P-Wert), wie eine gut belegte Korrelation aus. Ist das jetzt ein Beweis? Nein, das alleine reicht nicht aus. Es ist z. B. eine Frage, wie sinnvoll es ist Studien aus Nordamerika, Ozeanien (Australien, Neuseeland) und Europa in einem Datenpool zusammenzufassen? Teilnehmer dieser Studien sind den unterschiedlichsten Bedingungen ausgesetzt wie z. B. große Differenzen in der natürlichen UV-Belastung, der Hauttypverteilung oder unterschiedlicher technischer Ausrüstung und gesetzlicher Regulierung von Sonnenbänken.
Berechnet man die Odds ratio nur für Europa verändert sich das Bild: OR=1,10; 95% CI=0,95-1,27, p=0,218.
Übersetzt heißt dies: Die Assoziation Solarium/Melanom für europäische Teilnehmer ist schwächer (10 % Risikoerhöhung) und der Wert ist auch nicht mehr signifikant. Also kein sehr verlässlicher Wert!
Wie kann man sich die unterschiedlichen Ergebnisse zwischen weltweit und Europa erklären?
Hier kommen wieder die Störgrößen ins Spiel. Der Unterschied zwischen weltweit und Europa erklärt sich u. U. durch regionale Unterschiede:
- Die weitaus größte UV-Belastung erfahren wir durch die natürliche Sonnenbestrahlung. Deren Intensität ist regional unterschiedlich. Eine französische Studie zeigte, dass der Beitrag der natürlichen UV-Strahlung zur Melanomenstehung deutlich größer ist, als der der Sonnenbank.
- In der Hauttypverteilung.
- In der technischen Ausstattung der Sonnenbänke. Die Bestrahlungsstärke der Sonnenbänke fällt in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich aus.
- Gesetzliche Regulierung der Sonnenbänke. In Europa, Ozeanien und einigen Staaten in der USA wurde die Bestrahlungsstärke der Sonnenbänke in den letzten Jahren vom Gesetzgeber reguliert. Deshalb findet sich in älteren Studien, ohne Regulierung der Sonnenbänke, häufig ein stärkerer Zusammenhang zwischen Solariumnutzung und Melanom, als in jüngeren Studien.
Weitere nicht berücksichtigte Störfaktoren sind z. B.
- Die Anzahl der Sonnenbrände, Mehrere Studien zeigten, dass die Häufigkeit der Sonnenbrände das Melanomrisiko erhöhen. Wobei man bedenken muss, dass Sonnenbrände häufiger unter der natürlichen Sonne entstehen als im Solarium.
- Darüber hinaus zeigte eine Studie , dass Solariumsbenutzer auch häufiger natürliche Sonnenbäder nehmen.
- Auch Leberflecke oder die Familiengeschichte mit Melanom, ebenso wie der Bildungstand oder der Faktor “ungesunder Lebenstil” (z. B. Alkohol und Tabak) können nicht berücksichtigte Störfaktoren darstellen.
2) Ein weiteres Hilfsmittel, um einzuschätzen ob tatsächlich ein kausaler Zusammenhang vorliegt, bieten die Hill-Kriterien.
Bradford Hill war ein englischer Arzt und Statistiker der 1965 einige Kriterien auflistete anhand derer man kausalen Ursache Wirkungsbeziehungen überprüfen kann. Die folgenden Hill-Kriterien hält Reichrath et al 2020 für nicht erfüllt.
1) Konsistenz: Man findet immer wieder dieselben Ergebnisse, in Studien die von verschiedenen Forschern in verschiedenen Ländern gemacht wurden.
2) Spezifität: Es gibt eine bestimmte Gruppe von Menschen, die einem ganz speziellen Umweltfaktor ausgesetzt ist, dem man einen eindeutigen Effekt zuordnen kann.
3) Plausibilität: Es gibt einen nachvollziehbaren Wirkungsmechanismus.
4) Kohärenz: Es gibt eine Übereinstimmung zwischen epidemiologischen Studien und Laborergebnissen.
5) Es gibt einen experimentellen Beweis für eine kausalen Zusammenhang.
Zu 1) Es gibt zahlreiche, aber widersprüchliche Studie wie hier exemplarisch gezeigt. Auch sind sie die für einzelne Länder/Weltregionen widersprüchlich.
Zu 2) Ist nicht erfüllt. Aufgrund der genannten Störfaktoren kann man das Melanom nicht eindeutig der Solariumnutzung zuordnen. Nicht alle Melanompatienten haben je ein Solarium besucht und nicht alle Solariumnutzer bekommen ein Melanom.
Zu 3): Epidemiologische Studien zeigen, dass UV-Strahlung der größte (bisher bekannte) Risikofaktor für eine Melanomentstehung ist. Man kennt mittlerweile auch einige Gene, die in Melanomen verändert sein können, aber das Bild ist uneinheitlich. Dazu kommt, dass Melanome, die überwiegend in den nicht besonnte Körperregionen entstehen, andere genetische Veränderungen aufweisen, als die, die sich in besonnten Körperteilen bilden. Auch liegt der genaue Weg, von der UV-Strahlung zu den bekannten Genveränderungen, noch im Dunkeln.
Zu 4): Experimente mit diversen Tieren und menschlichen Hauttransplantaten zeigten, dass eine moderate chronischen UV-Bestrahlung das Melanomrisiko nicht erhöht, evtl. sogar schützen kann. Auch Menschen, die an der frischen Luft arbeiten scheinen ein niedrigers Melanomrisiko aufzuweisen. Dies steht im Widerspruch zu anderen epidemiologischen Studien.
Zu 5) Außer den Hinweisen aus widersprüchlichen Beobachtungsstudien gibt es weder Interventionsstudien oder andere experimentellen Beweise die belegen, dass ein Solarien Melanome induziert.
Reichrath et al 2020 betonen, dass es ihnen keineswegs darum geht, die Nutzung von Solarien zu befürworten. Es geht lediglich um die Feststellung, dass die heutige Datenlage keinen klaren Beweis für einen kausalen Zusammenhang zwischen moderater Solariennutzung und Melanomentstehung liefert, da nicht alle Kriterien der evidenzbasierten Medizin erfüllt sind.
Zu diesen Kriterien gehören:
- Es gibt keine beweiskräftigen Interventionsstudien.
- In vielen Studien wurden diverse Störfaktoren nicht berücksichtigt.
- Einige der Hill Kriterien sind nicht erfüllt.
Zitat aus dem Paper von Reichrath et al 2020 : “Daher halten wir Schätzungen bei der Beantwortung der Frage, ob und wenn ja, wie viele Melanome in Deutschland auf eine Solariennutzung zurückzuführen sind, für wissenschaftlich nicht ausreichend begründet.”
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