Die UV-Situation in Australien

Die UV-Situation in Australien

Inhalt

Die UV-Situation in Australien

Seit den frühen 70ziger Jahren steigen die Hautkrebsraten weltweit an. Neuseeland liegt in der Hautkrebsstatistik an Platz 1, dicht gefolgt von Australien.

Anlässlich meiner Reise nach Australien im März 2017 habe ich mich mit Ursachen und Auswirkungen der UV-Belastung in Australien näher befasst. Auch wenn Australien wahrhaft sehr weit weg von uns liegt, sind die Zusammenhänge zwischen UV-Belastung und Hautschäden auch für uns Mitteleuropäer lehrreich und interessant.

Hautkrebsraten in Australien

Weißer Hautkrebs (NMSC=non melanoma skin cancer)

  • 2 von 3 Australiern erhalten bis zu ihrem 70zigsten Lebensjahr die Diagnose Hautkrebs.
  • In Australien sterben mehr Menschen an Hautkrebs, als an Verkehrsunfällen. In Deutschland überwiegen etwas die Verkehrstoten.
  • Die bei Medicare (Australisches Gesundheitssystem) gemeldeten Fälle von weißem Hautkrebs (NMSC) aus dem Jahr 2014 belaufen sich auf eine Inzidenzrate von 4000 Fällen pro 100 000 Personen. Wobei Männer fast doppelt so häufig betroffen sind als Frauen. Gemäß einer Studie lag die Inzidenz im Jahr 2002 noch bei 1271 Fällen/100 000.
  • Trotz der hohen Inzidenz sterben an weißen Hautkrebs ca. 3 Personen/100 000 Einwohnern; am Melanom ca. 6 Personen/100 000.
  • Da die weißen Hautkrebsarten, im Gegensatz zum Melanom, nicht an das Krebsregister gemeldet werden müssen, sind die 5 Jahres Überlebensraten für NMSC nicht bekannt.
  • Quelle: http://wiki.cancer.org.au/skincancerstats/Skin_cancer_incidence_and_mortality

Melanom

  • Das Melanom ist seit 2013 die viert häufigste Krebsart in Australien. Im Jahr 2017 werden schätzungsweise 13941 neue Fälle von Melanom auftreten.
  • Die altersstandartisierte Indzidenzrate stieg von 27 Fällen pro 100 000 Einwohner im Jahr 1982 auf 50 Fälle/100 000 im Jahr 2004. Auch für das Jahr 2017 ist eine Inzidenzrate von 50/100 000 Einwohner vorhergesagt. Dies bedeutet: Seit den achtziger Jahren hat sich die Zahl der Melanomdiagnosen quasi verdoppelt. Seit 2004 befindet sich die Inzidenzrate auf einem Plateau von ca. 50 Fällen/100 000 Einwohner.
  • Die Melanominzidenz ist in Australien 2 – 3 Mal so hoch wie in Kanada, USA und Großbritannien. (Melanominzidenz in Europa z. Z. 14/100 000 Einwohnern.)
  • Der (weltweite) Anstieg der Melanomdiaganosen seit 1982 ist teilweise der gesteigert Aufmerksamkeit geschuldet, mit der man das Melanom in den letzten Jahrzehnten verfolgt. Hinzukommen aber sicher noch andere Faktoren, die wir z. T. noch nicht gefunden haben. Die „üblichen Verdächtigen“ sind z. B. unsere geändertes Freizeitverhalten als Sonnenanbeter oder der Trend der künstlichen Besonnung, der in den achtziger-Jahren begann.
  • Das Risiko an einem Melanom zu erkranken steigt auch in Australien mit zunehmenden Alter:
  • AlterMelanomdiagnosen pro 100 000 Einwohnener
    3010
    4049
    60100
    80225

    Die 5-Jahres Überlebensrate für das Melanom stieg in Australien vom Zeitraum 1984 – 1988 von 86 % auf 90 % im Zeitraum von 2009 – 2013.
  • In Deutschland liegt die  5-Jahres-Überlebensrate bei 94 % für Frauen und bei 89 % für Männer
  • Die Überlebensrate ist stark abhängig von Dicke des Tumors bei Entdeckung: Bei einer Tumordicke von 1 mm oder weniger beträgt die 5 Jahres Überlebensrate nahezu 100 %, bei einer Dicke von mehr als 4 mm nur noch 54 % (Daten für Australien). Hier sieht man deutlich, wie wichtig eine rechtzeitige Erkennung einer bösartigen Hautveränderung ist!
  • Das Risiko an einem Melanom zu erkranken ist unterschiedlich: Die Menschen, die in Queensland leben, tragen das höchste Melanomrisiko, gefolgt von West-Australien, New South Wales, Tasmanien, Australien Capital Territory, Victoria, South Australia und Northern Territory.
  • Auf dem Land sind die Melanomraten generell höher als in der Stadt.
  • Quelle: https://melanoma.canceraustralia.gov.au/statistics und http://wiki.cancer.org.au/skincancerstats/Skin_Cancer_Statistics_and_Issues.

Mögliche –  Australien spezifische – Ursachen für die erhöhten Hautkrebsraten in Australien

1) Die geografische Lage: Australien liegt zwischen dem 10. und 40. südlichen Breitengrad. Damit liegt Australien viel näher am Äquator als Deutschland oder England. Diese Länder liegen nördlich des 50. Breitengrades. Der Weg, den die UV-Strahlen durch die absorbierende Atmosphäre zurücklegen müssen, ist in Australien viel kürzer als in Mitteleuropa. Somit ist die UV-Belastung in Australien stärker.

2) Die Atmosphäre über Australien ist weniger verschmutzt als die Europas. Die UV-Strahlung wird weniger gut durch „Schmutz“-Partikel absorbiert.

3) Die Ozonkonzentration hat in Australien seit den 60ziger Jahren um 5 bis 9 % abgenommen. (Das berühmte Ozonloch liegt nicht über Australien, sondern über der Antarktis! Es hat nicht direkt Einfluss auf die UV-Belastung in Australien, wohl aber auf das Wetter Australiens).

4) Die hohe UV-Belastung: Die UV-Intensität ist in Australien ca. doppelt so hoch wie in Europa. Im australischen Sommer klettert der UV-Index auf 12 – 14, mit Spitzenwerten von 16. In Deutschland beträgt der UV-Index  im Sommer 6 – 8.

5) Die Bevölkerung: Die vor ca. 300 Jahren eingewanderten Europäer (überwiegend Engländer), deren Nachfahren heute den Hauptanteil der Bevölkerung ausmachen, sind durch eine sehr schwache Hautpigmentierung gekennzeichnet. Die Kombination aus hoher UV-Belastung und einer Mehrheitsbevölkerung mit geringem Eigenschutz der Haut, muss fast zwangsläufig zu Hautschäden führen. Eine Untersuchung aus den Jahren 2005 – 2009 demonstriert dies: Während die Inzidenz für ein Melanom bei den Ureinwohner bei  9,3 Fällen/100 000 liegt steigt sie bei den Nicht-Ureinwohner auf 33/100 000.

Gegenmaßnahmen

  • Seit den 1980 Jahren bemüht sich die australische Regierung der Bevölkerung den Sonnenschutz ans Herz zu legen. Aufklärungsprogramme haben die Haltung zur „attraktiven gebräunten Haut“ und das Verhalten unter der Sonne messbar beeinflusst. Eine vergleichende Studie aus dem Jahren 2003/2004 mit den Jahren 2010/2011 zeigte, dass unter australischen Jugendlichen und Erwachsenen der Wunsch nach gebräunter Haut nachgelassen hat.
  • Seit ca. 10 Jahren sind gesetzliche Vorschriften in Kraft, die Sonnenschutzmaßnahmen für Schulkinder und Freiluftarbeiter vorschreiben.
  • Finanzielle Aufwendungen für Sonnenschutz können von Freiluftarbeitern von der Steuer abgesetzt werden.
  • Das vermehrte Bewusstsein über die Gefährlichkeit der UV-Strahlung hat Verhaltensänderungen bewirkt. Freizeitaktivitäten von Kinder und Erwachsenen finden im zunehmenden Maße auch indoor statt. Bekannte Personen aus der Öffentlichkeit bewerben Sonnenschutzmassnahmen.
  • Gewerbliche Sonnenstudios sind verboten.
  • Es gibt eine größere Auswahl an schicker Sonnenschutzkleidung auf dem Markt.
  • Zurzeit gibt es keine flächendeckende Hautkrebsvorsorgeuntersuchung in Australien. Man setzt mehr auf die Bewusstmachung der Gefahren, die Schulung in Schutzmaßnahmen und auf die Eigenbeobachtung der Haut. Entdeckt man eine Veränderung wird der Arztbesuch empfohlen.
  • Babys unter 12 Monaten sind ab einem UV-Index von 3 vor der UV-Strahlung zu schützen, durch Aufenthalt im tiefen Schatten, Einpacken und Kleiden. Der richtige Sitz der Schutz-Kleidung ist regelmäßig zu kontrollieren. Ein kurze UV-Exposition bei einem UVI < 3 wird als sicher erachtet. Das Eincremen mit Sonnencreme steht bei Babys, nach Schatten und Kleidung, erst an 3. Stelle. Für einen generellen Vitamin D Mangel gibt es bei australischen Babys keine Anhaltspunkte. Deshalb wird davon abgeraten, Babys ohne Sonnenschutz der Sonne auszusetzen.

[stextbox id=“alert“ caption=“Eine Möwe namens SunSmart“ bgcolor=“Ffd83b“ bgcolorto=“19e8ff“]

Eine Möwe namens SunSmart  macht seit vielen Jahren Werbung für den Sonnenschutz:

Ab einem UV-Index von 3 werden in Australien überall 5 UV-Schutzmaßnahmen beworben:

  • Slip on Sun Protective clothing (UPF50+), (Schlüpfe  schützende Kleidung!)
  • Slop on Sunscreen, (Bedecke Dich mit Sonnencreme!)
  • Slap on a hat (Broad Brimmed, Bucket or Legionnaire Hats), (Setz einen Hut auf, mit breiter Krempe bzw. einen Legionärshut)!
  • Seek shade in peak UV times between 10:00 and 15:00hrs, (Such den Schatten auf zwischen 10 und 15 Uhr!)
  • Slide on Australian Standard Sunglasses (blocking 100% UVR), (Zieh eine Sonnenbrille mit UV-Schutz an!)

[/stextbox]

Zu dem kurzen Video kommen Sie hier!

Durch all diese Maßnahmen hofft man, einen weiteren Anstieg der Melanominzidenz zu verhindern bzw. sie auf dem derzeitigen Niveau zu halten.

Eigene Beobachtungen

Diesen Frühling hatte ich das große Vergnügen 3 Wochen an Queenslands Küsten zu verbringen. Neben den Bilderbuchstränden, der außergewöhnlichen Tier- und Pflanzenwelt und den freundlichen Bewohner ist mir bezüglich des UV-Schutz einiges aufgefallen. Der UV-Schutz ist dort wirklich mehr im Bewusstsein der Menschen:

  • Schulkinder tragen Uniform inklusive breitkrempigem Hut. Man mag zu einer Schuluniform stehen wie man will, aber die vorgeschriebene Uniform sorgt für weniger sonnenexponierte Haut.
  • Straßen- Garten- oder Bauarbeiter sieht man nur mit langer Hose, langärmligem Shirt und natürlich mit Hut. Arbeitende Männer mit entblößtem Oberkörper habe ich nicht gesehen.
  • Am Strand oder öffentlichen Freibäder findet man nicht nur Angaben zur Wassertemperatur, Tidenhub und Quallen, sondern meist auch den UV-Index mit entsprechenden Warnhinweisen.
  • Das endlose „Braten“ am Strand, Handtuch an Handtuch, so wie wir es von den Mittelmeerstränden  her kennen, wird dort nicht praktiziert.
  • Will man schwimmen, schnorcheln oder surfen ist man mit einem stinger suit gut beraten. Dieser schützt  nicht vor dem rauen Surfbrett, sondern auch vor den gefährlichen Quallen und zusätzlich der Sonne.
  • Auf der Sonnencreme ist der Schriftzug UVA nicht von einem Kreis umgeben so wie Europa. Wirbt die Sonnencreme mit einem Breitspektrum UV-Schutz, muss auch hier der UVA Schutz mindestens 1/3 des UVB Schutz betragen. Die Bezeichnung „waterproof“ ist nicht erlaubt, weil sie suggeriert, dass die Sonnencreme im Wasser nicht abgewaschen wird. Stattdessen wird häufiges Nachcremen, mindestens alle 4 Stunden, empfohlen. Auch die Bezeichnung „sunblock“ ist verboten, die sie den Anschein eines 100 % UV-Schutzes erwecken könnte. 100prozentiger Schutz ist aber nicht möglich.

Die Gefahren der Sonne scheint den Australiern wohl bewusst. Die jahrelange Aufklärungsarbeit von Regierung und Gesundheitsorganisationen haben die Risiken und die Schutzmöglichkeiten in die Köpfe der Menschen eingepflanzt.  So werden die Schutzmaßnahmen ganz selbstverständlich in der Alltag integriert. Angesichts der hohen Hautkrebsraten ist dies auch notwendig, wenn man die Schönheiten der australischen Landschaft geniesen will.

Dr. Andrea Zgaga-Griesz
azg

Hallo, ich bin promovierte Diplom-Biologin mit langjähriger Berufserfahrung im Bereich der Lebenswissenschaften, Sachbuchautorin und Bloggerin.

Über azg 100 Artikel
Hallo, ich bin promovierte Diplom-Biologin mit langjähriger Berufserfahrung im Bereich der Lebenswissenschaften, Sachbuchautorin und Bloggerin.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*