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Gibt es eine Verbindung zwischen der Nutzung von Solarien und dem Auftreten von malignen Melanomen in jungen Männer und Frauen?
Diese Frage stellte sich die amerikanische Forschungsgruppe um PhD DeAnn Lazovich.
In diesem Beitrag möchte ich Sie über die neuesten Studienergebnisse unterrichten. Untersucht wurde der mögliche Zusammenhang zwischen künstlicher UV-Strahlung und dem Auftreten von Melanomen besonders in jungen Personen unter 50 Jahren.
Dies ist eine gekürzte inhaltliche Wiedergabe der amerikanische Studie, veröffentlicht im Januar 2016 in JAMA Dermatology [1].
Ausgangsbeobachtung:
In Minnesota und den USA steigt die Melanominzidenz (Inzidenz = Häufigkeit der Neuerkrankungen) in der Altersgruppe der unter 50zig-jährigen, besonders unter Frauen steiler an, als unter Männer.
Studiendesign:
Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine Fall-Kontroll-Studie.
Prinzipielle Aussagekraft von Fall-Kontroll-Studien:
Eine Fall-Kontroll-Studie vergleicht eine Gruppe von Erkrankten (z. B. Melanompatienten) mit einer Gruppe von gesunden Personen (Kontrolle). In beiden Gruppen untersucht man, ob die Studienteilnehmer in der Vergangenheit einem besondern Risikofaktor (z. B. die Nutzung von Solarien) ausgesetzt waren. Tritt der Risikofaktor in der Gruppe der Erkrankten signifikant häufiger auf, als bei der Gruppe der Gesunden, spricht dies für eine Korrelation zwischen Risikofaktor und Erkrankung.
Hier müssen 2 Begriffe näher erläutert werden:
1) Was ist eine Korrelation?
Eine Korrelation ist eine Beziehung zwischen 2 (oder mehreren Merkmalen), in diesem Fall Risikofaktor Solarium und Erkrankung Melanom.
Diese Beziehung kann in Fall-Kontroll-Studien generell entweder: A) zufällig sein oder B) kausal verursacht.
Bezogen auf diese Studie heißt dass:
A) das häufigere Auftreten von Melanomen in der Gruppe der Solariumbenutzer ist rein zufällig.
B) Der Solariumbesuch ist ursächlich mit der Entstehung von Melanomen verknüpft bzw. andersherum: Menschen, die ein Melanom entwickeln werden, neigen zu häufigen Solarienbesuchen.
Beispiel für Variante A, eine zufällige Korrelation:
Ein bekanntes Beispiel für Variante A ist die zufällige Korrelation zwischen dem Rückgang der Störche in Europa und der gleichzeitig verminderten Geburtenrate in der europäischen Bevölkerung. Hier kann man durchaus eine statistisch signifikante Korrelation finden. Dennoch wissen wir alle: Die rückläufige Zahl der Störche ist nicht schuld, dass wir weniger Kinder bekommen! Eine ursächliche Verbindung zwischen Störchen und Babies gehört eindeutig ins Reich der Märchen.
Wir merken uns: Eine Korrelation kann aufgrund eines ursächlichen Zusammenhangs auftreten, muss aber nicht! Um wirklich nachzuweisen, dass Risikofaktor X die Krankheit Y verursacht, braucht man experimentelle Studien und möglichst einen aufgeklärten Wirkmechanismus.
Die Abwesenheit einer Korrelation ist dagegen ein deutlicher Hinweis, dass es zwischen den untersuchten Merkmalen keinen einfachen Zusammenhang gibt. Nichtsdestotrotz können Fall-Kontroll-Studien interessante Hinweise auf Krankheitsursachen geben. Sie sind aber keineswegs ausreichend, um auf eine Ursache-Wirkungsbeziehung zu schließen.
2) Was ist ein signifikanter Unterschied?
Ein signifikanter Unterschied eines Merkmals zwischen den beiden Gruppen Gesunde oder Kranke, ist ein bedeutsamer Unterschied. Bedeutsam heißt, dass dieser Unterschied nicht auf einem Zufall beruht, sondern mit einer Wahrscheinlichkeit auftritt, die über der zufälligen Schwankung des Merkmals liegt. Mit Hilfe von statistischen Methoden legt man diese Wahrscheinlichkeitsschwelle fest. Hier ist es nicht trivial die richtige Methode – passend zum Datenmaterial – einzusetzen.
Die Studie
Fragestellung:
Gibt es eine Verbindung zwischen der Nutzung von Solarien und dem Auftreten von Melanomen bei Männern und Frauen unter 50 Jahren?
Studienteilnehmer:
- Alter: zwischen 25 – 49 Jahren
- 681 Patienten (68,3 % Frauen) mit der Diagnose Melanom, gestellt in der Jahren 2004 – 2007
- 654 Kontrollen (68,2 % Frauen).
- Die durchschnittliche Dauer der UV-Bestrahlung durch die Sonne war bei Gesunden und Kranken vergleichbar.
Aussagen der Studie (laut der Autoren):
Vergleicht man die Altersgruppe der Frauen von 40 bis 49 Jahren mit der Gruppe der unter 40-zig Jährigen, stellt man folgende signifikante Unterschiede fest:
Melanompatientinnen Alter bei der ersten Benutzung eines Solariums (Median) Solariumsnutzung in Stunden (Median)
Diagnosestellung: jünger als 40 Jahre 16 100
Diagnosestellung : 40 bis 49 Jahre 25 40
Betrachtet man in der Gruppe der Frauen den Einfluss der Solariennutzung auf die Wahrscheinlichkeit an einem Melanom zu erkranken, stellt man folgendes fest:
Alter der Sonnenstudio-Besucherinnen erhöhte Wahrscheinlichkeit an einem Melanom zu erkranken
Jünger als 30 6-fach
30 bis 39 Jahre 3,5-fach
40 bis 49 Jahre 2,3-fach
Außerdem ergab die Studie, dass Melanome häufiger am Rumpf als an den Extremitäten entstehen.
Bei Männern gab es keine eindeutigen Korrelationen, da diese nicht so häufig Sonnenstudios besuchen.
Fazit: Diese Studie zeigt bei Melanompatientinnen, besonders bei jüngern, eine Korrelationen zwischen dem frühen Beginn und der häufigen Nutzung von künstlichen UV-Strahlen an.
Die Autoren schlussfolgern, dass die Solariennutzung wahrscheinlich zu dem beobachteten Unterschieden der Melanomhäufigkeit zwischen Männern und Frauen unter 50 Jahren in den USA beiträgt.
Sie schlagen vor, Solariennutzer vermehrt über die Gefahren aufzuklären und die Sonnenstudionutzung für Minderjährige zu verbieten.
Dazu muss man wissen, dass die Situation in den USA eine etwas andere ist, als die in Deutschland. In beiden Ländern steigen, wie generell weltweit, die Melanomraten. In Deutschland gibt es aber schon länger Bemühungen zu Schutzmaßnahmen:
- Seit 2008 bezahlen die Krankenkassen deutschlandweit die Hautkrebsvorsorgeuntersuchung
- Seit 2009 gilt ein Solariumverbot für Minderjährige.
- Seit 2011 ist die maximal zulässige sonnenbrandwirksame Bestrahlungsstärke der Sonnenbank auf 0,3 W/qm beschränkt.
- Seit 2012 ist die UV-Schutzverordnung in Kraft, die darüberhinaus vorschreibt, dass allen Sonnenstudiokunden ein ausführliches Beratungsgespräch über Gefahren, Risiken und Schutzmaßnahmen angeboten werden muss.
In den USA gilt dagegen erst in 13 Staaten ein Solariumverbot für unter 18 Jährige. Regierungsorgane und Ärztevertreter rufen nun vermehrt dazu auf, die Bevölkerung auf die Gefahren der UV-Strahlung hinzuweisen und Minderjährigen den Besuch von Sonnenstudios zu verbieten.
Literatur
[1] Lazovich D, Isaksson Vogel R, Weinstock MA, Nelson HH, Ahmed RL, and Berwick M, “ASsociation between indoor tanning and melanoma in younger men and women,” JAMA Dermatol., Jan. 2016 [Online]. Available: http://dx.doi.org/10.1001/jamadermatol.2015.2938. [Accessed: 20-Feb-2016]
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